Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit

Modulbau im Fokus

Text: Sandra Hoffmann | Foto (Header): © Daiwa House Modular Europe GmbH

Im Gegensatz zum konventionellen Bauen, basiert die Modulbauweise auf ganzen Raumeinheiten, die zu einem hohen Grad im Werk vorgefertigt und vor Ort montiert werden. Für welche Bereiche sie geeignet ist und was es in puncto Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu sagen gibt, darüber hat GEG Baupraxis gesprochen mit Jörg Bauer (Vorstandsvorsitzender Bundesverband Bausysteme e. V.), Peter Orthen (Geschäftsführer der Alho Systembau GmbH), Olaf Bade (Manager Deutschland bei Daiwa House Modular Europe GmbH) sowie Jan Ackerstaff (Leitung Marketing Kleusberg GmbH & Co. KG).

Auszug aus:

GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe Mai / Juni 2022
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INHALT

 

Wie haben sich Modulbau-Systeme in den letzten Jahren verändert, um auf steigende Anforderungen im Hinblick auf Energieeffizienz sowie Ressourcen- und Klimaschutz zu reagieren?

Jörg Bauer: Die Bauwirtschaft steht schon seit 20 Jahren vor großen Herausforderungen. Energieeffizienz ist eine davon und der Modulbau ist eine Lösung dafür. Der Modulbau war von Anfang an Vorreiter beim Thema energieeffizientes Bauen. Alle Mitgliedsunternehmen unseres Verbands bauen mittlerweile im Standard eines früheren KfW-40-Gebäudes bzw. eines Effizienzhaus 40 – oder höher, wenn gewünscht. Und was den Ressourcenschutz anbelangt, ist bei uns natürlich das Cradle to Cradle-Verfahren ein großes Thema. Die Wiederverwendbarkeit von Modulen ist durchgängig gegeben, weil wir einen sehr hohen Vorfertigungsgrad von teils bis zu 95 Prozent haben und dabei auf sortenrein trennbaren Materialverbund achten. Zudem achten wir darauf, dass sich die Module leicht zusammenfügen lassen – im Umkehrschluss sind sie auch wieder leicht demontierbar. Peter Orthen: Bei Alho fokussieren wir uns auf ein Bausystem: einem Tragwerk aus Stahl, dem weltweit am meisten recycelten Material. Dieses System entwickeln wir kontinuierlich weiter, z. B. ganz aktuell, indem wir es auch in der Kombination mit Holz als Hybrid anbieten, um es nochnachhaltiger zu gestalten. Überdies haben wir unsere Produktion in den letzten Jahren auch hinsichtlich des Ressourceneinsatzes stark optimiert. Wir fertigen unsere Modulgebäude in modernen Produktionshallen unter industriellen Bedingungen seriell vor. Der Vergleich mit der Automobilindustrie dient hier oft als Vorbild, auch für Prozessoptimierungen, und „Lean Management“ ist auf diesem Gebiet ein bekannter Ansatz. Grundprinzip des Lean Managements ist es, Verschwendung zu minimieren – das setzen wir auch bei der seriellen Produktion unserer Module an. Dank Prozessoptimierung reduzieren wir den Ressourceneinsatz um ca. 36 und den Abfall um ca. 70 Prozent gegenüber konventionellem Bauen. Zudem reduzieren wir Abfallmengen weiter, indem wir Baustoffe wie Gipskartonplatten oder Dämmstoffe zum Recyclen an Lieferanten zurückgeben. Da Modulgebäude dauerhafte Gebäude sind, behandelt das Bauordnungsrecht sie wie konventionelle Bauten und sie müssen dieselben Anforderungen im Hinblick auf Wärmeschutz, Brandschutz, Statik, etc. erfüllen. Sobald neue Vorgaben und Vorschriften in Kraft treten, muss unser Bausystem diesen natürlich ebenfalls bereits entsprechen.

Olaf Bade: Bei Daiwa House Modular Europe bieten wir vier verschiedene Modulgrößen an und setzen bei unseren Modulen auf eine Hybridbauweise. Alle Module bestehen aus einer Stahlrahmentragkonstruktion, einer bewährten Stahlbetonbodenplatte und Holztafelbauwänden oder Trockenbauwänden, sowie Holztafelbaudecken. Auf diesen vier Modulgrößen basieren auch unsere 18 standardisierten Wohnungsgrundrisse. Was den Klimaschutz anbelangt, haben wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2050 in den Niederlanden CO2-neutral zu produzieren. Dazu nutzen wir seit Jahren das Softwareprogramm Ecochain, das es uns ermöglicht, die Kohlendioxid-Bilanz von Projekten konkret aufzuzeigen und so die Umweltbilanz des Produktionsprozesses inklusive der Transportwege immer weiter zu optimieren. Eine große Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Wiederverwendung von Materialien zu. Da unsere Hybridmodule aus Stahl und Beton so beständig sind, können sie über Generationen mehrfach genutzt werden. Dazu kommt, dass für unsere Stahlrahmen beispielsweise bis zu 95 Prozent Recyclingstahl eingesetzt wird und auch das Dämmmaterial erneut genutzt wird, womit wir Abfälle vermeiden und Rohstoffe sparen. Zudem kontrollieren wir die Herkunft der Materialien und verwenden z. B. nur nachhaltig zertifiziertes Holz, denn in den Niederlanden muss man bereits für jeden Neubau den CO2-Fußabdruck ermitteln und darf einen gesetzlich festgelegten Maximalwert, der regelmäßig weiter nach unten gesetzt wird, nicht überschreiten.

Jan Ackerstaff: Kleusberg realisiert als einziger Anbieter schlüsselfertige Gebäude in Stahl- und Holzmodulbauweise sowie in Kombination mit anderen Bauweisen auch als Hybridgebäude. Unsere Modulbauten erfüllen seit jeher problemlos alle Anforderungen hinsichtlich Energieeffizienz, d. h. Passivhaus- oder Plus- Energiegebäude sind genauso möglich wie alle KfW-Standards. Zudem sind unsere Gebäude zu mindestens 96 Prozent rezyklierbar. Wir steigern die Anteile an nachwachsenden Rohstoffen bei der Modulproduktion und vor Ort auf der Baustelle kontinuierlich und nutzen für die Produktion weitestgehend unseren eigenen, mittels Photovoltaik erzeugten

Welche weiteren wichtigen Entwicklungstreiber gibt es derzeit im Hinblick auf modulare Bausysteme?

Bade: Eine große Herausforderung für die Baubranche ist, dass sie einer der größten Verursacher für CO2-Emissionen und Abfall ist. Wenn wir weiter großteils auf konventionelle Bauweisen setzen, wird die Einhaltung der vereinbarten Klimaziele kaum möglich sein. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem, bezahlbarem und energieeffizientem Wohnraum weiter an. Modulbau bietet die Antwort auf diese Herausforderungen, da Projekte so wesentlich schneller und dank kreislaufbasierten Bauens auch klimafreundlicher umgesetzt werden können. Ackerstaff: Hinzu kommt, dass im Modulbau Materialverschwendung, wie sie bei konventionellen Baustellen nach wie vor üblich ist, vermieden wird. Herr Orthen hat das bereits erwähnt und die Gründe hierfür liegen neben konsequenten Prozessabläufen und -optimierungen im Grad der Digitalisierung. Die gesamte Planung eines Modulbaus verläuft anders als bei den meisten konventionellen Bauten: Es wird nicht baubegleitend geplant, sondern vor Baubeginn wird die Planung mittels BIM vorgenommen, d. h. von Anfang an ist beispielsweise klar, wie viele Anfahrten zur Baustelle nötig sind, wie viel Material genau gebraucht wird etc. So lässt sich der Bedarf an „kritischen“, weil weltweit begrenzt verfügbaren Baustoffen wie Sand, Zement/Beton oder Kiesen wie auch jedweder Abfälle auf ein absolutes Minimum reduzieren. Und so lässt sich auch der nötige Baustellenverkehr reduzieren. Zudem betrachtet die digitale Planung sämtliche nötigen Gewerke und sämtliche Abschnitte des Gebäudelebenszyklus. Die Bauwerke sind also von Anfang an auch im Hinblick auf Aspekte wie spätere Umbauten, Renovierungen, Erweiterungen oder aber auch den Rückbau sowie die Rezyklierbarkeit der eingesetzten Materialien entsprechend optimiert.

Orthen: Wichtige Entwicklungstreiber sind sicher die Entwicklungen der rechtlichen Rahmenbedingungen, wie bereits eingangs erwähnt. Ein weiterer Treiber sind Anforderungen aus dem Markt. So haben wir beispielsweise vor einigen Jahren mit dem Aufbau unseres „Kompetenzzentrums Wohnungsbau“ begonnen. Wir hatten seinerzeit für verschiedene Wohnungsbaugesellschaften Unterkünfte für Flüchtlinge gebaut. Da lag die Frage nahe, ob wir nicht auch Gebäude für den geförderten oder freien Wohnungsmarkt in Modulbauweise errichten können. Da der Bau entsprechender Gebäude doch erheblich komplexer ist als etwa der von Schulen oder Büros, mussten wir den Modulbau im Hinblick auf den Geschosswohnungsbau noch einmal neu denken. Inzwischen gehören wir zu den Gewinnern des GdW-Wettbewerbs zum seriellen, modularen Wohnungsbau und verzeichnen eine hohe Nachfrage in diesem Bereich – nicht zuletzt auch aufgrund der Aussagen von Bundesbauministerin Klara Geywitz, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr schaffen und das u. a. mit seriellen Bauweisen erreichen zu wollen.

 

400.000 Wohnungen jährlich – das ist vor allem in Anbetracht der aktuellen Gegebenheiten ein mehr als ambitioniertes Ziel. Aber es wurden nun auch schon mehrfach verschiedene KfWStandards angesprochen. Sind im Modulbau generell alle derzeitigen Standards umsetzbar?

Ackerstaff: Ja, alle Standards sind mit unserer Stahl- wie auch Holz-Modulbauweise möglich. Unsere Gebäude werden grundsätzlich individuell nach Kundenwunsch und -Anforderungen geplant und ausgelegt. Es gibt – anders als bei Containern1) – keinerlei Einschränkungen oder Grenzen hinsichtlich der energetischen Auslegung. Wir forschen zudem seit einiger Zeit gemeinsam mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig daran, die tendenziell leichtere Modulkonstruktion auch im Hinblick auf den sommerlichen Wärmeschutz durch Einbringung speicherfähigerer Materialien zu optimieren, sodass wir auf konventionelle Klimatechnik verzichten können.

Orthen: Im Modulbau lassen sich die gleichen KfW-Standards erreichen, wie bei konventionellen Bauweisen. Wir haben bereits Gebäude auf Passivhaus-Niveau und sogar als EnergiePlus-Gebäude errichtet. Wie im konventionellen Bauen auch, sind diese Gebäude mit Mehraufwand insbesondere hinsichtlich der Anlagentechnik und somit auch hinsichtlich der Engineering- und Errichtungskosten verbunden. Die Entscheidung darüber, welcher Standard umgesetzt werden soll, trägt letztlich der Bauherr.

Bade: Auch wir können alle Energieeffizienzklassen umsetzen. Aktuell werden die meisten Projekte bei Daiwa House Modular Europe mit KfW 40 geplant, wir haben in den Niederlanden aber ebenfalls bereits Plusenergiegebäude realisiert. Dabei
wird ein Großteil der gebauten oder geplanten Fassaden vorgehängt, was dem Architekten ein Maximum an Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Für die vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden verwendet Daiwa House Modular Europe Aluminium, Holz, Trespa, Keramik, Glas oder Kunststoff. Unterhalb dieser Hülle sind beliebige Außendämmdicken möglich, die auch künftige Effizienzklassen, wie etwa Plusenergiebauten, ermöglichen.

 

Wo liegen die kritischen Punkte und Anschlüsse in Bezug auf Wärmebrücken bei Ihren Systemen und wie werden sie gelöst?

Ackerstaff: Da die Stahlrahmenstruktur unserer Module komplett im Inneren der Wände sitzt und keinerlei Durchdringungen nach Außen bestehen, erzielen wir bei unseren Stahlmodulbauten quasieinen „Thermosflascheneffekt“. Dementsprechend sind Wärmebrücken bei unserer Bauweise kein Problem.

Bade: Sowohl unsere Baumaterialien als auch unsere Konstruktionen werden schon seit Jahrzehnten eingesetzt. Die Statiker und Fachingenieure sind routiniert im Umgang mit Stahl und Beton. Die Gebäudehülle kann je nach Kundenwunsch und Anspruch ausgelegt werden und besteht, wie bereits erwähnt, meist aus einer vorgehängten Fassade mit sichtbaren Materialien wie Aluminium, Holz oder Plattenbaustoffen vor einer mineralischen Dämmebene. Diese kann je nach KfW-Förderungswunsch ausgelegt werden. Wärmebrücken sind für uns somit auch für die Effizienzhaus-Stufe 40 Plus keine Herausforderung.

 

Im Modulgebäude sind auch sämtliche Leitungen und Vorrichtungen für die Gebäudetechnik bereits mit eingebaut?

Bauer: Ja, auch die Gebäudetechnikkomponenten, aber beispielsweise auch sämtliche Leitungen – von Abwasser bis hin zu Strom – werden meist direkt im Werk modular eingebracht. Das handhabt jeder Hersteller etwas anders, aber meist muss das vor Ort nur noch über Steckverbindungen gekoppelt werden. Der Aufbau geht dann entsprechend schnell vonstatten – gleiches gilt für den Rückbau oder die Modernisierung. Da das gesamte Gebäude modular und komplett per BIM geplant wird, kommt es in diesem Bereich beispielsweise nicht zu Kollisionen und insgesamtgesehen nicht zu bösen Überraschungen im Hinblick auf den Preis. Der Modulbauer gibt im Vorfeld immer ein Pauschalpreisangebot ab, auch die Bauabläufe sind strikt geregelt – was übrigens dazu führt, dass der Modulbau einen beachtlichen Zulauf an Fachpersonal verzeichnet. Neben geregelten Arbeitszeiten bieten wir einen sicheren Arbeitsplatz im Trockenen bei angenehmen Temperaturen.

 

Für welche Gebäudetypen bzw. Nutzungen eignet sich die Modulbauweise am besten?

Orthen: Modulgebäude eignen sich aufgrund der seriellen Reproduzierbarkeit der Module am besten dort, wo möglichst viele gleiche Einheiten zum Einsatz kommen. Beispiele hierfür sind Bettenstationen in Krankenhäusern mit der immer wiederkehrenden Abfolge der Patientenzimmer oder Verwaltungsgebäude, bei denen sich Büros rechts und links an einem Flur aneinanderreihen. Prinzipiell aber lässt sich nahezu jeder Grundriss in ein wirtschaftliches Modulbauraster überführen.

Bauer: Wichtig ist dabei aber auch, dass man beim modularen Bauen nicht auf architektonische Freiheit und Vielfalt verzichten muss

 

Gibt es denn Gebäudetypen, die im Modulbau eher schwer abbildbar sind?

Bauer: Am ehesten der Hallenbau, weil er meist überdimensionale Raumgrößen erfordert. Zwar sind viele Hallen heute, z. B. im Stahlbaubereich, auch schon modular aufgebaut, aber das hat mit unserer Bauweise tatsächlich nichts zu tun. Generell sind wir Modulbauer an unsere Modulgrößen gebunden. Wir können zwar die Raumgrößen auch sehr stark öffnen, d. h. Räume mit 70-100 m² sind vollkommen unproblematisch, denkbar sind auch noch 140 m², oder Raumhöhen von bis zu 3,50 m, aber alles, was darüber hinaus gehen soll, könnte etwas problematisch werden. Aber das ist auch nicht die gängige Praxis, die gängige Praxis sind z. B. Raumhöhen bis etwa 2,50 m.

 

Was die Konstruktion an sich anbelangt, sind mittlerweile sehr vielfältige Systeme auf dem Markt verfügbar – vom Massivholzmodul angefangen, über Hybride aus Holz und Stahl bis hin zu Stahl- und Betonmodulen. Welche Bauweise hat in puncto Ökobilanz die Nase vorn?

Bauer: Das kommt darauf an. Wir legen im Verband viel Wert darauf, dass unsere Mitgliedsfirmen ökologische Rohstoffe verwenden – sowohl im Beton-, als auch im Holzmodulbau. Auch Betonmodule sind übrigens mittlerweile sehr ökologisch unterwegs, weil die Branche sich darüber sehr stark Gedanken gemacht hat. Generell wird hier z. B. wesentlich weniger Zement verbraucht als bei herkömmlicher Bauweise. Hinzu kommt, dass unsere Betonmodulbauer sich derzeit sehr stark in der Forschung um Carbonbeton engagieren.  Mithilfe dieses Kohlenstoff-Faser-Gemisches lässt sich sehr viel Stahl einsparen, was nicht nur vor dem Hintergrund der Krise, in der wir momentan stecken, von Bedeutung ist. Zudem können im Carbonbeton die Schichtstärken deutlich reduziert werden, was die Konstruktion insgesamt leichter macht.

Bade: Die Ökobilanz hängt nicht nur von den Materialien der Modulbausysteme ab, sondern vor allem davon, ob die Materialien nachhaltig zertifiziert, wiederverwendbar und langlebig sind. Konstruktionen aus Stahl und Beton haben darüber  hinaus die Vorteile, dass sie u. a. auch nach vielen Jahren nicht an Qualität einbüßen, einen guten sommerlichen Wärmeschutz bieten sowie dank ihrer Masse Temperaturschwankungen auffangen können und ein gutes Raumklima bieten. Wir haben für die schlüsselfertigen Modulgebäude eine Art Pfandsystem etabliert: Nach dem Nutzungsende von z. B. 50, 60 oder 80 Jahren bieten wir unseren Kunden eine Rückvergütung an und bauen das Gebäude zurück, um die Module und möglichst viele Bauteile erneut zu nutzen. Der Kunde spart sich so die Abrisskosten.

Ackerstaff: Aktuell hat die Holzmodulbauweise in der Wahrnehmung der Kunden noch leicht die Nase vorn, wobei dank der immer nachhaltiger werdenden Stahlproduktion sowie der hundertprozentigen Rezyklierbarkeit dieses Materials künftig auch Stahl einen immer wichtigeren Beitrag zum nachhaltigen Bauen leisten kann und wird.

Orthen: Diese Frage können und wollen wir so nicht beantworten, da wir denken, dass jedes Bausystem seine Berechtigung, seine Stärken aber auch seine Schwächen hat. Was wir sagen können, ist: Im Vergleich zu konventionellen Bauarten benötigen alle seriellen Bauweisen – unabhängig, ob es sich etwa um Stahlmodulbau, Holzmodulbau oder eine Hybridbauweise handelt – nur wenig graue Energie. Dabei wirken sich die ressourcenoptimierte Produktion, die flexible Umnutzung und der einfache Rückbau inklusive einer hohen Recyclingquote positiv auf den ökologischen Fußabdruck aus.

 

Was für ein System wird derzeit in Deutschland am häufigsten eingesetzt?

Bauer: Momentan die Hybridbauweise Stahl und Holz, gefolgt vom reinen Holzmodul. Beton kommt aber immer stärker. Das merken wir auch bei unseren Mitgliedern: Aus diesem Segment bekommen wir deutlichen Zuwachs.

 

Wie unterscheiden sich die einzelnen Systeme preislich und in ihrer Lebensdauer?

Bade: Die massiven Module in Hybridbauweise haben grundsätzlich eine unbeschränkte Nutzungszeit, im Durchschnitt liegt sie für Gebäude bei 75 Jahren. Die Preise differenzieren, wie beim konventionellen Bauen, primär nach Ausstattung und baulichen Umständen. Gegenüber einem konventionellen Gebäude können wir bei einer idealen Asset-Klasse als Generalübernehmer den Baupreis unterbieten.

Ackerstaff: Der Preis eines schlüsselfertigen, individuell geplanten modularen Gebäudes resultiert aus den Anforderungen, den örtlichen Gegebenheiten sowie Wünschen und Vorstellungen des Bauherrn hinsichtlich Ausstattung und Gestaltung. Hier besteht kein Unterschied zu konventionellen Bauweisen, auch preislich nicht. Die Lebensdauer ist ebenfalls identisch mit konventionellen monolithischen oder anderen Bauweisen. Hauptvorteil des Modulbaus ist die höhere Qualität, dank Vorfertigung nach hohen industriellen Standards, die bessere Nachhaltigkeit dank Wiederverwendbarkeit sowie die extrem viel kürzere Bauzeit von rund 50-70 Prozent.

Orthen: Entscheidend ist nicht der Vergleich der seriellen Bauweisen und Systemeuntereinander, sondern der zum konventionellen Bauen. Dort sind Mängel und deren Beseitigung aktuell neben den Rohstoffpreisen Kostentreiber NummerEins. Durch den kontrollierten Fertigungsprozess im Werk bieten wir planbare Qualität und somit auch Kosten. Die kürzere Bauzeit ermöglicht eine frühere Nutzung oder Vermietung der Gebäude, was einem attraktiven geldwerten Vorteil entspricht. Über den gesamten Lebenszyklus hinweg – von der Planung über die Errichtung, die Nutzung bis hin zu Umnutzung und Rückbauhinweg – erreichen wireinen Kostenvorteil von ca. 15 Prozent im Vergleich zum konventionellen Bauen.

 

Zum Schluss noch einmal zu den Entwicklungen zurück: Wie sieht Ihr Modul der Zukunft aus?

Bauer: Ein wichtiger Entwicklungstreiber ist immer auch das Wohnnutzungsverhalten, von daher werden wir in zehn Jahren z. B. wesentlich stärker als heute noch Smart-Home-Elemente im Modulbau finden. Und ein weiterer Punkt: BIM ist für uns zwar heute schon kein Fremdwort mehr, sondern gelebte Praxis, aber insgesamt wird sich die Digitalisierung immer stärker auf den Systembau auswirken.

Orthen: Der Modulbau der Zukunft wird noch effizienter und, da stimme ich Herrn Bauer zu, digitaler werden. Zunehmende Automatisierung wird das serielle Bauen weiter voranbringen. Neben einer höheren Effizienz – die zu erzielen eines der grundlegenden  Probleme der Bauwirtschaft ist, sieht man sich Abläufe auf konventionellen Baustellen an – erreichen wir damit eine größere Unabhängigkeit von Fachkräften und können Materialien noch exakter einsetzen, den Ressourceneinsatz also noch weiter optimieren. Zudem wird sich der Produktionsprozessmittels Robotik weiterentwickeln bis hin zur Automatisierung des kompletten Herstellungsverfahrens, was aber auch weitere Standardisierung, einen noch höheren Vorfertigungsgrad und die Reduzierung der Leistungen „on site“ bedeutet. Dafür sind allergings auch mehr standardisierte Prozesse auf Seiten des Bauzulieferbereichs nötig – mit der Entwicklung entsprechender Plug-in-Lösungen.

Ackerstaff: Wir arbeiten an der Klimaneutralität unserer Systeme und Lösungen. Die Holzmodulbauweise wird einen wachsenden Anteil an unserer Produktion gewinnen und beim Stahlmodulbau werden wir noch mehr als heute auf nachhaltig über erneuerbare Energien hergestellte Stähle und Materialien setzen. Da wir individuelle, nutzungsgerechte Gebäude realisieren, gibt es „Das Modul“ bei uns nicht. Wir sind jedoch dabei, dort, wo Standardisierung sowohl Nachhaltigkeitsaspekte wie auch Wirtschaftlichkeitsaspekte verbessert, diese voranzutreiben um z. B. unsere Fertigungsprozesse hinsichtlich Abfallvermeidung, Energieverbrauchs- und Emissionsreduktion weiter zu optimieren.

Bade: In den kommenden Jahren streben wir bei unseren Modulen an, 100 Prozent der eingesetzten Materialien und Elemente nach ihrer Nutzungszeit wieder für neue Projekte einzusetzen – momentan sind wir 10 | Fassade des Projekts Campus 71 in Essen bereits bei 80 Prozent. Unser Modul der Zukunft wird also idealerweise komplett aus recycelten Materialien bestehen. Aber auch im Entwurf denken wir bereits nachhaltig, denn gut durchdachte Wohnungsgrundrisse sind an sich schon langlebiger: Möglichst flexibel für künftige Nutzungsänderungen und -orte und ganz nach dem Prinzip Cradle to Cradle.

Die Autorin

Sandra Hoffmann

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