Raumlufttechnik

Planung im Bestandsbau

Text: Tim Lorenz | Foto (Header): © Wolf GmbH

Vor der Montage von Raumlufttechnik (RLT) in Bestandsgebäuden sollten einige planerische Herausforderungen bedacht werden. Dabei sind offensichtliche Problematiken, wie räumliche und zeitliche Enge, aber auch normative und die Energieeffizienz betreffende Anforderungen zu betrachten.

Auszug aus:

GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe März/April 2023
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Zu Beginn von Raumlufttechnik-Projekten stehen teils gegensätzliche Anforderungen im Raum. So muss die Technik möglichst energieeffizient und konform zu  bestimmten Anforderungen, wie etwa der ErP-Richtlinie, sein, um langfristig Betriebskosten einzusparen. Insbesondere, da sich damit oft die Möglichkeit eröffnet, Fördergelder beantragen zu können. Andererseits ist der Platz zur Aufstellung von Lüftungsgeräten knapp. Ist im Bestandsbau eine Dachaufstellung aus statischen oder Denkmalschutzgründen nicht möglich, müssen Räume zur Innenaufstellung umgenutzt werden, die zur Aufstellung der entsprechenden Technik häufig nicht geeignet sind. Und natürlich sind die Zeitfenster für Anlieferung, Montage und Inbetriebnahme meist eng bemessen. Der Flächen- und Raumbedarf einer Technikzentrale wird nach der VDI 2050 von der Anzahl der RLT-Geräte, dem Volumenstrom, der Ausstattung der Geräte und den Anschlusselementen an das Kanalsystem bestimmt. Berücksichtigt wird auch Raum für Instandhaltung und Reinigung, Versorgungsleitungen und Gebäudeautomation.

 

Sinkender Energieverbrauch

Das Platzproblem hat sich durch die gestiegenen energetischen Anforderungen noch verschärft. Seit 01.01.2016 bewirkt die EUVerordnung 1253/2014/EG – als Durchführungsmaßnahme der ErP-Richtlinie 2009/125/EG der EU – bei RLT-Geräten einen regelrechten Schub in Richtung Energieeffizienz. Die Luftgeschwindigkeit wirkt auf den elektrischen Energieverbrauch eines RLT-Geräts in der dritten Potenz ein. Wo noch vor wenigen Jahren 2,5 m/s die Auslegungsgrundlage war, ist die Luftgeschwindigkeit heute im Durchschnitt über den lichten Gehäusequerschnitt auf bis zu 1,9 m/s reduziert. Um die Energieeffizienzklasse A+ der RLT-Richtlinie 01 zu erreichen, sind Luftgeschwindigkeiten von maximal 1,8 m/s zulässig. Das entspricht der Geschwindigkeitsklasse V2 nach DIN EN 13053.

Um also dieselbe (planerisch vorgegebene) Luftwechselrate bei geringerer Luftgeschwindigkeit zu erzeugen, muss der Gehäusequerschnitt entsprechend erhöht werden. Ebenfalls aus energetischen Gründen werden die Ventilatoren in RLT-Geräten immer größer. Sie arbeiten dank EC-Motorentechnik im effizienten Teillastbetrieb,  benötigen aber ebenfalls mehr Platz im Gerät. Das hat einen deutlich höheren Platzbedarf in der Technikzentrale zur Folge. Bei einem Verwaltungsgebäude mit einer Bruttogrundfläche von 25.000 m² ergibt sich beispielsweise bei einem Volumenstrom von 6 m³/(h ·m²) für die Lüftungszentrale eine erforderliche Größe von ca. 650 m². Bei einem Volumenstrom von 9 m³/(h ·m²) ergäbe sich mit ca. 750 m² eine deutlich größere Technikfläche.

Effiziente Lüftungsgeräte sparen durch die Reduktion der Luftgeschwindigkeit und den Einsatz von EC-Ventilatoren Energie, aber auch bereits durch ihre Konstruktion. Beste Gehäusekennwerte nach DIN EN 1886 sehen eine thermische Entkoppelung in der Klasse T2 mit einem Wärmebrückenfaktor TB2 vor, sowie die Leckage-Klasse L1. Auch für diese Dämmung muss im Gerät ausreichend Platz berücksichtigt werden.

Wärmerückgewinnung

Ebenfalls viel Platz im Gesamtgerät braucht die Wärmerückgewinnung. Es stehen unterschiedliche Optionen zur Wahl, was die planerische und konstruktive Flexibilität erhöht. Sollen die Vorteile eines Plattenwärmetauschers genutzt werden, kann z. B. für eine kürzere Baugröße anstelle eines Gegenstrom- ein Kreuzstromwärmetauscher eingesetzt werden, allerdings mit energetischen Einbußen: Die Energieeffizienz eines Gegenstrom-Wärmetauschers beträgt 81 %, wohingegen ein Kreuzstromwärmetauscher 73 % erreicht. Für größere Luftmengen bietet sich ein Rotationswärmetauscher an. Mit dieser Option fällt das Gerät für den gleichen Volumenstrom (i. Vgl. zu einem mit Plattenwärmetauscher) deutlich kürzer aus.

Werden neben dem geringen Platzbedarf auch höchste Anforderungen an die Raumluftqualität gestellt, können die Zu- und Abluftströme zu 100 Prozent getrennt werden und es erfolgt eine effiziente Wärmerückgewinnung über ein  Kreislaufverbundsystem. Dabei ist in jedem Luftstrang ein DX-Register für die Wärmeübertragung positioniert. Eine intelligente Regelung der Pumpenstation sorgt auf Grundlage der luftseitigen Eingangsgrößen dafür, dass anhand eines  Wärmekapazitätsstromverhältnisses die optimale Fluidmenge (Wasser-Glykol-Gemisch) berechnet und ausgeregelt wird. Dieses System erlaubt zusätzlich Fremdenergie (z. B. industrielle Abwärme) einzuspeisen oder auch einen zweiten Abluftstrom einzukoppeln und so die Energie aus mehreren Räumen nutzbar zu machen

 

Platzangebot vor Ort

Linear größer zu bauen ist, speziell bei innen aufgestellten Geräten, nicht immer der Königsweg. Gerade in solch einem Fall sind die räumlichen Gegebenheiten meist der limitierende Faktor. Die Abmessungen von Lüftungsgeräten sind an die Verhältnisse vor Ort anzupassen, jedoch ohne dabei an Funktionalität einzubüßen. Ein Gerät muss dann ggf. niedriger, dafür aber breiter oder kürzer konstruiert werden. Die gefragte Flexibilität hinsichtlich der Module und variablen Querschnitte betrifft kleine Geräte (ca. 10.000 m³/h) genauso wie große Anlagen mit einem Volumenstrom über 70.000 m³/h.

Werden RLT-Geräte individuell nach Maß angefertigt, bringt das üblicherweise höhere Gerätekosten sowie längere Lieferzeiten als bei Standardgeräten mit sich. Bei der Planung sind nicht nur die Funktionalität und die örtlichen Gegebenheiten einzubeziehen. Ausreichend Platz für die künftige Wartung muss bei der Konstruktion genauso berücksichtigt werden wie die Einbringung ins Gebäude. Hierbei spielt unter anderem die Anbindung der Luftkanäle eine Rolle und auch die Entscheidung, ob die Luftführung im Gerät horizontal oder vertikal ausgeführt werden soll.

 

Modulare Bauweise

Der Spagat bei der Konstruktion eines RLT-Geräts nach Maß zwischen Einzel-und Serienfertigung kann gelingen, indem das Gesamtgerät in Module aufgeteilt wird. Die einzelnen Komponenten sollten so weit möglich industriell gefertigt werden. Zudem sind die Module auf die kleinstmögliche Anzahl zu beschränken. Gleichzeitig sollen sie optimal für den Transport und die reibungslose Montage ausgeführt werden. Schließlich gilt es, Leckagen im RLT-Gerät zu vermeiden und die sofortige  Inbetriebnahme zu ermöglichen.

Mit Easy-Lifting-Systemen (z. B. praktische Ringösen) lassen sich komplette Geräte oder ihre Module einfach und sicher transportieren, indem sie beispielsweise per Kran oder Stapler verladen und an ihren Aufstellort gebracht werden. Das setzt eine eigenstabile Ausführung der Module voraus. Für das Zusammensetzen der Komponenten ist es sinnvoll, wenn diese steckbare Rahmenkonstruktionen oder Schnellspannsysteme mit wartungsarmen Dichtungen aufweisen, für die kein Spezialwerkzeug nötig ist. So kann die Endmontage vor Ort leichter und vor allem exakt und dicht umgesetzt werden. Ist die Regelungstechnik bereits vom Hersteller vorverdrahtet und mit entsprechenden Steckverbindungen an den Modulgrenzen ausgestattet (Plug & Play-Systeme), sinkt der elektrotechnische Aufwand auf der Baustelle.

 

RLT-Projektbeispiel

In einem großen Industriebetrieb war innerhalb von zehn Wochen nach Auftragserteilung ein Lüftungsgerät mit einem Volumenstrom von 41.200 m³/h zu liefern und in Betrieb zu nehmen. Die Herausforderung dabei: Durch Unterzüge betrug die lichte Deckenhöhe im künftigen Technikraum oberhalb der Produktionshalle nur 2,25 m. Die Lösung des Planers war, drei Lüftungsgeräte KG Flex von Wolf inkl. 3.500 m² Luftkanal an die Raumhöhe anzupassen und zugleich breiter und kürzer zu bauen. Die Lieferzeit bei Wolf betrug neun Wochen und in fünf Stunden haben sechs Monteure die RLT-Geräte aufgebaut. Wegen der knappen Montagezeiten wurde der Kreuzstromwärmetauscher im Werk montiert. Durch die komplett vorverkabelte Ausführung konnte das Lüftungsgerät eine Woche später in Betrieb gehen.

Der Autor

Tim Lorenz
Produktmanager AHU, Wolf GmbH

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