Brennstoffzellenheizung

Warme Gebäude dank kalter Verbrennung

Text: Dr. Tina Weinberger | Foto (Header): © peterschreiber.media – stock.adobe.com

Immer mehr Neubauten werden – gefördert vom Staat – als Energiespar- oder Plusenergiehäuser gebaut und Altbauten saniert. Ziel sind eine höhere Energieeffizienz sowie niedrigere Energieverbräuche und CO2-Emissionen im Gebäudesektor. Letztere müssen in weniger als 30 Jahren, ausgehend von 120 Mio. Tonnen, auf null reduziert werden. Ein Lösungsansatz für einen klimaneutralen Gebäudebestand sind Brennstoffzellenheizungen. Sie erzeugen Wärme und Strom, das „Abfallprodukt“ ist Wasser.

Auszug aus:

GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe November/ Dezember 2021
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Rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs hierzulande entfällt derzeit auf Heizung und Warmwasserbereitung. Um bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand und eine treibhausgasneutrale Zukunft zu realisieren, ist es unverzichtbar, schon in naher Zukunft mehr CO2- neutrale und energieeffiziente Wärmeerzeuger zu entwickeln und einzusetzen. Eine in diesem Punkt relevante Entwicklung sind Brennstoffzellenheizungen. Obwohl die Technologie der Brennstoffzelle seit über 100 Jahren bekannt ist, werden entsprechende Heizungen erst seit wenigen Jahren in Wohngebäuden eingesetzt. Sie produzieren Strom und Wärme und sind damit eine Sonderform der Kraft-Wärme-Kopplung. Im Gegensatz zu konventionellen KWK-Anlagen wird elektrische Energie nicht durch die Verbrennung chemischer Energieträger in einem Motor und nachgeschaltetem Generator gewonnen, sondern durch eine „kalte“ Verbrennung. Bei ihr wird die im Trägerstoff (z. B. Wasserstoff, H2) gebundene chemische Energie direkt und mit Gesamtwirkungsgraden von rund 90 Prozent in elektrische Energie und Wärme umgewandelt. Der erzeugte elektrische Strom kann (nach Umwandlung in Wechselstrom) vor Ort genutzt oder alternativ zwischengespeichert bzw. ins Netz eingespeist werden. Die bei der kalten Verbrennung ebenso frei werdende Wärme ist z. B. in einem Heizsystem als Nutzwärme einsetzbar. Neben Strom und Wärme entsteht in Brennstoffzellenheizungen als „Abfallprodukt“ nur Wasser. Das ist der große Unterschied zu konventionellen KWK-Anlagen.

 

Strom, Wärme, Wasser – sonst nichts

Eingesetzt werden Brennstoffzellenheizungen bisher meist als Kombianlagen mit integrierter Brennwerteinheit oder als Ergänzung für bestehende Heizsysteme. Als Träger- und Brennstoff dient oft Erdgas,das (schon heute) bis zu 20 Prozent Wasserstoff enthalten kann. Künftig ist u. a. im Sinne der Nationalen Wasserstoffstrategie) eine hundertprozentige Versorgung mit (grünem) Wasserstoff angedacht. Was das für die Energieversorgung von Gebäuden konkret bedeutet und wie es sich für ein Stadtquartier realisieren lässt, untersucht aktuell ein Pilotprojekt im rheinlandpfälzischen Kaisersesch. Bis 2023 soll dort eine komplette Wasserstoff-Infrastruktur entstehen: angefangen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für den Betrieb von Elektrolyseuren, der Wasserstoffspeicherung und -verteilung bis hin zur Wasserstoffnutzung in den Sektoren Wärme-/Stromversorgung, Industrie und Verkehr. Ziel ist die Realisierung eines smarten Quartiers, das sich fast vollständig (u. a. durch intelligente Vernetzung verschiedener Energiesysteme) klimaneutral mit Wärme, Strom und Energie versorgen lässt. Umgesetzt wird das u. a. mit Brennstoffzellenheizungen, die die Gebäude mit Strom und Wärme versorgen.

Kleinstes Bauteil jeder Brennstoffzellenheizung ist die auch als galvanische Zelle bezeichnete Brennstoffzelle. Sie besteht typischerweise aus einer (semipermeablen) Membran, zwei von einer Membran getrennten verschiedenen Elektroden (Minus- und Pluspol) sowie einem stromleitenden Elektrolyten, über den die beiden Elektroden miteinander in Verbindung stehen. Werden an den Elektroden kontinuierlich die beiden Reaktionspartner (z. B. Sauerstoff als Oxidationsmittel und Wasserstoff als Brennstoff) zugeführt, kann ein konstanter Strom- und Wärmefluss bzw. eine Spannung (Potenzialdifferenz) erzeugt werden. So lässt sich bspw. mit einer einzelnen Wasserstoff-Sauerstoff- Brennstoffzelle (bei etwa 25 °C) eine theoretische Spannung von 1,23 V erzeugen. In der Praxis werden jedoch meist nur etwa 0,5-1 V erreicht. Da das für Praxisanwendungen viel zu gering ist, werden einzelne Brennstoffzellen zu Stapeln (Brennstoffzellenstacks) zusammengeschaltet.

Marktreife Brennstoffzellenheizungen

Brennstoffzellenstacks arbeiten identisch zu einzelnen Brennstoffzellen und erzeugen per kalter Verbrennung Gleichstrom. Da dieser nicht direkt nutzbar ist, muss er mithilfe eines Inverters (= Wechselrichter) in Wechselstrom umgewandelt werden. Anschließend steht er als elektrische Energie zur Verfügung. Diese kann – und sollte aus wirtschaftlicher Sicht – für den Eigenverbrauch genutzt werden, steht jedoch auch zum Speichern in einer Batterie oder zur Weiterleitung ins öffentliche Stromnetz zur Verfügung. Neben dem Gleichstrom entsteht im Brennstoffzellenstack bei der exothermen Reaktion der kalten Verbrennung auch Wärmeenergie. Sie lässt sich mithilfe eines Trägermediums und eines Wärmetauschers z. B. an Wasser abgeben, das dann im Pufferspeicher zu Heizzwecken oder als Warmwasser bereitsteht.

Um alle Funktionalitäten einer Brennstoffzellenheizung in einem Gerät zu vereinen, sind Inverter, Wärmetauscher, Luftversorgung (Trägerstoff und Oxidationsmittel), Strommanagement, Gasreinigung und Wasseraufbereitung – bei manchen Modellen auch Warmwasserspeicher und Spitzenlastkessel – meist integrale Bestandteile. Ein integrierter oder vorgeschalteter Reformer sorgt für die Umwandlung von Methan (CH4) in Wasserstoff (H2), der zum Betrieb der Heizung nötig ist. Der für die kalte Verbrennung nicht benötigte Kohlenstoff (C) wird dabei in Kohlendioxid (CO2) umgewandelt und mit dem Abgas abgeführt. PEM-Brennstoffzellen (auch PEMFC = Polymere Electrolyte Membrane Fuel Cell), eine der zwei typischen Ausführungsformen von Brennstoffzellenheizungen, arbeiten bei Betriebstemperaturen von 60 °C-120 °C und gehören zu den Niedertemperaturbrennstoffzellen. SOFC Brennstoffzellen (SOFC = Solid Oxide Fuel Cell), die zweite Ausführungsart von Brennstoffzellenheizungen, gehören mit Betriebstemperaturen von bis zu 1.000 °C zu den Hochtemperaturbrennstoffzellen.

Im Handel erhältlich sind derzeit Brennstoffzelleneinzelgeräte (z. B. Buderus Bluegen BG15, Viessmann Vitovalor PA2), Brennstoffzellenheizungen mit integriertem Brennwertgerät und Warmwasserspeicher (z. B. Viessmann Vitovalor PT2, Senertec Dachs 0.8) sowie Brennstoffzellenheizungen mit Zusatzheizgerät und Speichersystem (z. B. Remeha Electa 300). Als Brennstoff dient i. d. R. Erdgas, wobei z. B. Sunfire auch eine mit (Bio-)Flüssiggas zu betreibende SOFC im Programm hat. In Abhängigkeit der Ausführungsart lassen sich mit den aktuell auf dem Markt befindlichen Brennstoffzellenheizungen elektrische Leistungen von etwa 300- 1.500 Watt sowie thermische Leistungen zwischen 850-1.250 Watt erzeugen. Das Verhältnis der elektrischen zur thermischen Leistung liegt oft zwischen 0,6 und 1,76. Die Gesamtwirkungsgrade erreichen meist 89-92 Prozent.

 

Förderung für Rundum-Sorglos-Paket

Neben guten thermischen und elektrischen Wirkungsgraden haben Brennstoffzellenheizungen den Vorteil, dass sie zwar derzeit meist noch mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, jedoch schon heute die Bedarfe an eine klimaneutrale Technik erfüllen, z. B. auf Basis von erneuerbarem H2, die spätestens ab 2045 erreicht sein muss. Und auch die in der EnEV 2016 bzw. dem GEG 2020 gestellten Anforderungen nach DIN SPEC 32737 bzw. DIN V 18599- 9:2018-09, die z. B. mit den auf der Website Zukunft Gas) zur Verfügung gestellten Excel-Tools für Wohn- und Nichtwohngebäude leicht berechenbar sind, erfüllen viele Brennstoffzellenheizgeräte bereits.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Installation von Brennstoffzellenheizungen nicht viel komplizierter als die Installation einer Gas-Brennwertheizung ist. So sind für eine schnelle Montage Hydraulik, Puffer- und Trinkwasserspeicher oft schon vormontiert. In Bestandsgebäuden können (häufig) die vorhandenen Anschlüsse genutzt werden. Zudem muss am Hausanschluss nur ein Zweiwegezähler installiert werden, um den ins Netz eingespeisten Strom abrechnen zu können. Nach der Installation muss für eine effiziente Betriebsweise zwingend ein hydraulischer Abgleich der Wärmeverteilung erfolgen. Für ein Maximum an Komfort und Sicherheit bieten viele Hersteller eine Fernüberwachung der Geräte an, um auf potenzielle Störungen sofort und direkt reagieren zu können. Ein weiteres Gimmick ist ein Service-Paket inkl. Vollwartung, Leistungs- und Funktionsgarantie sowie Materialien, wie etwa neue Luft- und Wasserfilter, mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Der Abschluss des zehnjährigen Wartungspakets ist Voraussetzung für eine staatliche Förderung gemäß KfW-Förderprogramm „433 Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle)“. Es subventioniert z. B. den Einbau von Brennstoffzellenheizungen in Wohn- und Gewerbeimmobilien, Neubau und Bestand, mit einem Festbetrag von 6.800 Euro, plus einen leistungsabhängigen Zusatzbetrag von 550 Euro je (angefangener) 100 kW elektrischer Leistung (zwischen 0,25 und 5 kW). Das bedeutet bei Ein- oder Zweifamilienhäusern bspw. typische Fördersummen von meist 11.200 (750 kW) bis 15.050 (1.500 kW) Euro bzw. maximal 40 Prozent der Investitionssumme.

Da Brennstoffzellen trotz hoher Fördersummen noch ein Nischendasein fristen, wurde die Förderrichtlinie zum 1. Juli 2021 mit Start der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) angepasst, um eine breitere Marktdurchdringung zu erreichen. Seit der Anpassung müssen u. a. Energieverbräuche und erzeugte Wärmemengen messtechnisch erfasst werden. Zudem sind alle förderfähigen Brennstoffzellensysteme bis spätestens 1. Januar 2023 mit einer Energieverbrauchs- und Effizienzanzeige auszustatten. Neu ist auch, dass beim Erwerb eines neuen oder sanierten Wohngebäudes dort bereits eingebaute Brennstoffzellensysteme förderbar sind. Weitere Anpassungen seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BMWi) sind zu erwarten, derzeit aber noch nicht veröffentlicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Förderung nicht an Voraussetzungen oder eine Infrastruktur geknüpft wird, die in der Realität noch nicht vorhanden ist (z. B. Wasserstoffnetz). Einige Experten erwarten, dass etwa der Zugang zur Förderung einem noch größeren Nutzerkreis möglich werden soll und Förderungen mittel- oder langfristig davon abhängig gemacht werden, ob Brennstoffzellenheizungen hydrogen-ready (H2-ready) sind und schon heute mit (reinem) Wasserstoff betrieben werden können. Um das in der Praxis zu realisieren, setzen Hersteller entsprechender Heizungen auf verschiedene Möglichkeiten, wie z. B. Umbaukits. Mit diesen können bestehende Brennstoffzellenheizungen einfach auf hundertprozentigen Wasserstoffbetrieb (oder alternativ mit klimaneutral erzeugtem Bio-Erdgas) umgestellt werden.

 

Individuell und effizient statt one-fits-all

Geht es darum, den Gebäudebestand klimaneutral zu gestalten, sind Brennstoffzellenheizungen ein guter Ansatzpunkt. Sie können im Vergleich zu konventionellen Heiztechnologien den CO2-Ausstoß schon heute um bis zu 65 Prozent reduzieren. Sie gehören zu den wenigen, bereits heute vorhandenen Technologien, die komplett klimaneutral betrieben werden können und in der Lage sind, die Stromerzeugung aus volatilen erneuerbaren Energiequellen (z. B. Wind-/Solarstrom) zu verstetigen. Aber Brennstoffzellenheizungen sind nur ein Lösungsansatz von mehreren. Nicht nur, weil sie weder den Strom- noch den Wärmebedarf von Wohnhäusern vollständig decken (je nach Anwendungsfall lassen sich ca. folgende Deckungsraten erzielen: Strom 90 Prozent, Wärme 60 Prozent). Sondern auch, weil es nicht eine Technologie geben wird, die alles richtet. So bestätigt John Werner, Leiter Unternehmensentwicklung & Strategie bei Zukunft Gas GmbH, Berlin: „Wir müssen weg von Konkurrenzgedanken und der Ansicht, eine Technologie wäre die Lösung. Wollen wir die geforderten CO2- Reduktionen bis 2030 bzw. 2045 erreichen, müssen wir gemeinsam an einem Strang ziehen und abhängig von den Gegebenheiten die individuell besten Technologien einsetzen und kombinieren.“ Statt „One-fits-all“ braucht es individuelle Lösungen, die Gebäudetyp, Ökologie, Ökonomie, Geografie, Geologie, technische Vielfalt, Machbarkeit sowie die regional unterschiedliche Saisonalität des Wärmemarkts und zudem eine immer stärkere Sektorkopplung berücksichtigen. Das berücksichtigend, wird derzeit an der TH Nürnberg am Institut für Energie und Gebäude (IEG)) an einer Broschüre gearbeitet, die als kostenlose Planungs- und Entscheidungshilfe unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren zur Auswahl eines bspw. gebäudetypabhängigen nachhaltigen Anlagenkonzepts genutzt werden kann. Geplant ist die Erstveröffentlichung Ende 2021/Anfang 2022, um dann laufend aktualisiert und z. B. um neue gesetzliche Anforderungen ergänzt zu werden.

Unabhängig vom letztlich gewählten Konzept wäre ein erster wichtiger Schritt, die durchschnittliche Energieeffizienz deutscher Gebäude zu verbessern und das große Potenzial zu nutzen, das Bauten allerorts in Deutschland bieten. Indes liegt die Sanierungsrate bei nur etwa 1 Prozent, 89 Prozent aller Wohngebäude sind älter als 20 Jahre, rund 70 Prozent der Bestandsgebäude wurden vor der ersten Wärmeschutzverordnung gebaut und nur etwa 13 Prozent aller Gebäude sind saniert oder wurden unter Berücksichtigung der Energieeffizienz neu erbaut. Wird das ungenutzte Potenzial ausgeschöpft, ließe sich ein Großteil der vom Gebäudebestand verursachten 40 Prozent der gesamtdeutschen CO2 Emissionen einsparen. Zugleich würde so der thermische und elektrische Energiebedarf merklich sinken. Gilt es, diesen zu decken, könnten Brennstoffzellenheizungen – z. B. neben Wärmepumpen – einen wertvollen Beitrag leisten. Wird stattdessen nur auf die vielfach diskutierten Wärmepumpen gesetzt, muss das mit Vorsicht betrachtet werden. So würde durch einen angenommenen Zubau weiterer 5 Mio. mit Strom betriebener Wärmepumpen bis 2030 die Spitzenlast im Stromnetz um etwa 12-45 GW steigen. Mit einer Spitzenlast von derzeit rund 80 GW bedeutet das ein Mehr von 15-56 Prozent – und zwar genau zu den Zeiten, in denen der Bedarf hoch und die Einspeisung gering ist. Selbst ohne Berücksichtigung der E-Mobilität ist das in der Praxis nur schwer realisierbar und braucht stattdessen sinnvolle, individuelle und pragmatische Konzepte. Diesem Gedanken folgend, scheint es wenig sinnvoll, Technologien zu verbannen, die aktuell noch nicht CO2-neutral sind (z. B. Brennstoffzellenheizungen, die mit Methan betrieben werden), jedoch unter Voraussetzung geänderter Rahmenbedingen (z. B. eine Wasserstoffinfrastruktur oder klimaneutral erzeugtes Biomethan) schon jetzt CO2-frei betrieben werden könnten und schon jetzt zu CO2-Einsparungen beitragen.

Die Autorin

Dr. Tina Weinberger
Dr.-Ing. (Maschinenbau/Energietechnik)
Fachjournalistin
Kontakt: www.tina-weinberger.de

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