Beleuchtungsplanung für Unternehmen

Wirtschaftlich und effizient

Text: Daniel Müller, Steffen Födisch | Foto (Header): © virtua73 – stock.adobe.com

„Wir brauchen eine neue Beleuchtung, aber sie darf nichts kosten!“ Damit konfrontieren Bauherren und Unternehmer immer noch Elektroplaner. Investitionen in neue Beleuchtungsanlagen werden verschoben, ausgesetzt oder verworfen. Den Entscheidungsträgern ist bewusst, dass durch neue Lichtsysteme Energie und Kosten eingespart werden können, dennoch scheuen sie sich noch häufig vor einer Umstellung.

Auszug aus:

EnEV Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe Juli / August
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Dabei lassen sich heute bis zu 80 % des Energiebedarfs mit einer fachlich korrekten Lichtplanung einsparen. Mit den derzeitigen Systemen am Markt ist auch die Lichtqualität gestiegen, was sich vor allem in einer besseren Arbeitsleistung der Mitarbeiter widerspiegelt. Ob im Büro, in der Montagehalle oder im Modegeschäft, nahezu überall sind Beleuchtungsanlagen installiert. Laut einer Studie der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen aus dem Jahr 2019 [1] betrug der Anteil für die Beleuchtung am Gesamtstromverbrauch in Deutschland ca. 13 %. Davon betrug der Anteil für Industrie, Handel und Gewerbe, Behörden und Verkehr ungefähr 85 %. In den Bereichen werden die Mitarbeiter mit unterschiedlichen Sehaufgaben konfrontiert. In einer Werkhalle, wie z. B. in der Autoproduktion, wird ein anderes Beleuchtungssystem benötigt, als für einen Mitarbeiter, der an einem Fenster im Büro sitzt. Daraus leiten sich entsprechend unterschiedliche Anforderungen an eine professionelle Lichtplanung ab.

Status Quo vs. Potenziale

Aktuell werden bereits moderne LED-Leuchten in Verbindung mit verschiedenen Steuerungskomponenten als BUS-Systeme wie z. B. mit DALI-, KNX- oder weiteren BUS-Systemen wie LON, LCN, ZIGBEE, EnOcean oder auch über Bluetooth und WLAN eingesetzt und somit ein Höchstmaß an Energieeffizienz erzielt. Zudem ermöglichen es moderne Lichtmanagementsysteme, das richtige Licht zum richtigen Zeitpunkt am benötigten Ort und in der geforderten Qualität zu liefern. Vor allem an Arbeitsplätzen wie in Büroräumen wird dies vorzugsweise über präsenz- und tageslichtabhängige Steuerungen geregelt. Eine präsenzabhängige Steuerung wird vor allem in Bereichen mit kurzen Aufenthaltszeiten, wie z. B. Fluren oder Sanitärbereichen, mit einem Bewegungs- oder Präsenzmelder eingesetzt. Aber auch in der Industrie und in vielen gewerblichen Bereichen werden präsenzabhängige Steuerungs- und Regelungssysteme für die Steigerung der Energieeinsparung erfolgreich eingesetzt. Auch hier gilt, wenn der Arbeitsplatz nicht besetzt ist, ist keine Beleuchtung erforderlich. Durch die Vernetzung mit intelligenter Sensorik für die Lichtmessung und durch eine präsenzabhängige Schaltung der Beleuchtungsanlage ermöglicht eine professionell geplante Regelungssteuerung ein individuell benötigtes Beleuchtungsniveau, respektive eine gänzliche Abschaltung bei Abwesenheit des Mitarbeiters. Bei der tageslichtabhängigen Steuerung wird mithilfe von integrierten Lichtsensoren die zusätzlich notwendige Lichtmenge gemessen und ermittelt, um an dem jeweiligen Arbeitsplatz die geforderte Beleuchtungsstärke zur Verfügung zu stellen.

Neben dem größten Effekt, Energie einzusparen, bietet der Einsatz effizienter Beleuchtungssysteme weitere Vorteile und Potenziale. So kann z. B. die Sicherheit an den verschiedenen Arbeitsplätzen im Unternehmen gezielt erhöht werden, indem die Sicherheitsbeleuchtung direkt in das Lichtsteuerungssystem eingebunden und an gefährlichen Arbeitsbereichen eingesetzt wird. Ein modernes Lichtsystem bietet zudem eine viel größere Flexibilität als noch die alten Anlagen aus den 1980er-Jahren. Hier lassen sich die Lichtszenarien z. B. in der Industrie auf veränderte Anforderungen in der Produktion oder durch Umwidmungen von ganzen Produktionsbereichen ganz einfach anpassen. Dies ist auch in Büros, Konferenzräumen oder in Shops und Geschäften möglich, wenn sich die Nutzungsanforderungen ändern. Mit der Nutzung unterschiedlicher Lichtfarben, Leuchtenkörper, indirekten und direkten Lichtszenarien kann auf verschiedene Alltagssituationen ohne größere Probleme reagiert werden. So können andere Beleuchtungssituationen bei Videokonferenzen, Meetings oder Seminaren und Vorträgen genutzt werden. Dadurch kann gezielt eine entsprechende Umgebung mit unterschiedlichen Stimmungen geschaffen werden, in der sich der Mitarbeiter wohlfühlt und effektive Arbeitsergebnisse erzielen kann. Vor allem in Bereichen mit wenig natürlichem Tageslicht kann mit der Farbintensität und der Helligkeit der Leuchten eine möglichst hohe Natürlichkeit des Lichts nachempfunden werden. Dadurch kann der biologische Rhythmus der Mitarbeiter positiv beeinflusst werden und die gesamte Leistungsfähigkeit steigern.

 

Hemmnisse bei der Umsetzung

Trotz der vielen Vorteile, die eine Umstellung der alten Beleuchtungsanlage bringt, zögern viele Unternehmen mit der Erneuerung ihrer alten Anlagen. Getreu dem Motto „never touch a running system“. Das größte Hemmnis für eine Modernisierung stellen die Investitionskosten dar. Viele Unternehmer scheuen sich, Geld in die Hand zu nehmen, da eine Beleuchtung vorhanden ist und immer noch funktioniert. Die meisten Mitarbeiter haben sich daran gewöhnt und sehen es als normalen Zustand an. Es gibt keine adäquaten Vergleiche zu einer optimalen Beleuchtungssituation. Zudem stellen sich die Stromkosten oftmals als „Sowiesokosten“ dar, die monatlich bezahlt werden müssen. Vielen Unternehmern ist nicht bewusst, wie hoch die Einsparpotenziale durch eine Umstellung der Beleuchtungsanlagen sein können. Ein weiteres Hemmnis ist zudem auch die Scheu vor möglichen hohen Planungskosten durch die Einbindung eines fachlich geprüften Lichtplaners. In der Industrie kann es unter Umständen auch zu Anpassungen der bestehenden elektrischen Anlage kommen. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI und des Instituts für Ressourceneffizienz und Energiestrategie IREES sind die Aussagen, dass eine Umrüstung „nicht wirtschaftlich“ sei und „die alten Lampen funktionieren noch einwandfrei“ auf den vordersten Plätzen [2].

 

Beleuchtungslösungen am Markt

Mit der Umrüstung auf LED-Technik ist es meist nicht getan. Mit dem Einsatz verschiedener Lichtmanagementsysteme lassen sich Beleuchtung und Lichteinsatz genau dort einsetzen, wo sie tatsächlich zur richtigen Zeit und in der benötigten Helligkeit gebraucht werden. Vor allem in Büroräumen wird dies vorzugsweise über präsenz- und tageslichtabhängige Steuerung geregelt. Besonders arbeitsplatzbezogene Beleuchtungen mit individuellen Steuerungen spielen eine immer größere Rolle. Bild 1 zeigt eine individuell auf den jeweiligen Arbeitsplatz ausgerichtete Beleuchtung mit den jeweiligen Mindestanforderungen der Beleuchtungsstärken.

 

Zusatznutzen innovativer Systeme

Im Laufe der letzten Jahre ist das Bewusstsein gestiegen, dass die Beleuchtung nicht nur visuellen Anforderungen entsprechen muss, sondern auch eine biologische Auswirkung auf den Menschen und seine „innere Uhr“ hat. Zukünftige Beleuchtungsanlagen rücken daher verstärkt den nicht-visuellen Bereich in den Fokus, damit die Stimmung, die Gesundheit und letztlich die Motivation gestärkt werden kann. Dies wird heute durch den Begriff „Human Centric Lighting“ geprägt. Hier spielt vor allem die biologische Wirkung von Licht eine große Rolle. Ausgangspunkt dieser Betrachtung ist die Ausrichtung am Tageslicht und dessen Rhythmus. In Bereichen, in denen kein ausreichendes Tageslicht vorhanden ist, kann mit dem Einsatz von dynamischem Licht und den entsprechenden Lichtfarben eine biologische Reaktion im Menschen positiv beeinflusst werden. Licht hat ebenfalls eine hormonelle Auswirkung auf den Körper. So kommt es bei unterschiedlichen Beleuchtungsstärken mit einem hohen oder niedrigen Anteil von blauem Licht zu verschiedenen Ausschüttungen von Cortisol und Melatonin, was wiederum einen gravierend hohen Einfluss auf die Leistungen der Mitarbeiter hat. Eine intelligente Steuerung der am biologischen Rhythmus des Menschen ausgerichteten Beleuchtungsplanung kann zu einem ausgeglichenen Hormonhaushalt führen und somit positiv auf die Zufriedenheit, Leistungsfähigkeit und Ausgeglichenheit der Mitarbeiter wirken. Zukünftig wird es also verstärkt um die Individualisierung des Lichts gehen. Vor allem müssen dabei auch die unterschiedlichen Altersstrukturen berücksichtigt werden. Die Arbeitskräfte werden immer älter, nicht zuletzt durch einen hohen Fachkräftemangel. Mit dem Einsatz innovativer Beleuchtungssysteme können einige negative Auswirkungen von Licht erheblich reduziert werden. So können z. B. Blendungen des Mitarbeiters durch individuelle Einstellungen vermieden werden. Es lassen sich mit den modernen Techniken viel bessere Gleichmäßigkeiten bei der Lichtverteilung und Beleuchtungsstärke erzielen. Zudem kann bei einem ausgewogenen Verhältnis von direkter und indirekter Beleuchtung eine optimale Versorgung des Arbeitsplatzes mit Licht erzielt werden.

 

Wirtschaftlichkeit und Amortisation

Wird der weltweite Energiebedarf an elektrischer Energie betrachtet, werden ungefähr 15 % für die Beleuchtung aufgewendet. In Deutschland beträgt der Anteil der Beleuchtung am Gesamtstromverbrauch ungefähr 13 %. Davon nutzten die privaten Haushalte in etwa 15 % und der Rest wurde für die Industrie, den Handel, die Gewerbe sowie für Behörden und den Verkehr bereitgestellt. Durch die Umstellung auf moderne Techniken können bis zu 80 % an Energie eingespart werden [1]. Ob eine Investition in LED-Beleuchtungstechnik für Unternehmen sinnvoll ist, hängt letztendlich von verschiedenen Faktoren ab. Dabei spielt vor allem die Beleuchtungszeit eine sehr große Rolle. Wie viele Leuchten brennen in welchen Bereichen wie lange?

Eine weitere wichtige Betrachtungsgröße ist der jeweilige Strompreis, der Auskunft darüber gibt, wie hoch am Ende der Investition tatsächlich die Ersparnis ist. Auch sollte das Alter der gesamten Anlage betrachtet werden und die damit verbundenen Wartungs- und  Instandhaltungskosten. Es kann davon ausgegangen werden, je älter eine Beleuchtungsanlage ist, umso höhere Einsparungen werden sich erzielen lassen. Aus kaufmännischer Sicht ist für die meisten Unternehmen die Amortisationszeit der wesentliche Faktor, um eine Ersatzinvestition im Beleuchtungsbereich durchzuführen. Die Investition sollte dabei in wenigen Jahren wieder eingespart sein. Die Zielgröße und Vorgabe der Verantwortlichen liegen hierbei oftmals zwischen ein und drei Jahren. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass diese Vorgaben nicht immer realisierbar sind. Dies hängt auch von der jeweils spezifischen Ausgangsituation des Unternehmens ab. Dabei können unabhängige Lichtplaner den Unternehmen neutral beratend zur Seite stehen und individuelle Lösungsvorschläge von innovativen und effizienten Beleuchtungsanlagen erarbeiten. Laut der Fraunhofer Studie „Potenzial für energieeffiziente Beleuchtungssysteme in Unternehmen und Hemmnisse bei der Umsetzung“ hat die Analyse der ermittelten Amortisation und Renditeerwartungen folgende Ergebnisse erzielt [Bild 3].

Somit konnten bei 89 % der umgesetzten Effizienzmaßnahmen im Beleuchtungsbereich eine Rendite in Höhe von 10 % erzielt werden. Bei 67 % der Maßnahmen gab es sogar Renditen in Höhe von über 25 %. Und bei ca. 62 % aller durchgeführten Maßnahmen wurden Amortisationszeiten von drei Jahren oder weniger erzielt. Damit ist auf jeden Fall erkennbar, dass sich Investitionen in moderne und effiziente Beleuchtungssysteme wirtschaftlich auszahlen.

Literatur
[1] Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V (Hrsg.): Anwendungsbilanzen zur Energiebilanz Deutschland Endenergieverbrauch nach Energieträgern und Anwendungszwecken https://ag-energiebilanzen.de/8-0-Anwendungsbilanzen.html

[2] Fraunhofer ISI und IREES Studie (Hrsg.): Potenzial für energieeffiziente Beleuchtungssysteme in Unternehmen und Hemmnisse bei der Umsetzung, Karlsruhe 2019, www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/ccx/2019/FraunhoferISI-IREES-Effiziente-Beleuchtungsysteme_2019.pdf

Der Autor

Daniel Müller, Geschäftsführer LANGE engineering GmbH & Co. KG

Steffen Födisch ist zertifizierter DIN-geprüfter Lichttechniker und Daniel Müller geschäftsführender Gesellschafter der LANGE engineering GmbH & Co. KG, einem Ingenieurbüro für TGA mit Schwerpunkt Elektrotechnik. Das Büro ist bundesweit tätig.

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